EuGH: Dreidimensionale Marke – Vierfach gerippter Schokoladenwaffelriegel Kit Kat

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

16. September 2015(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Marken – Richtlinie 2008/95/EG – Art. 3 Abs. 3 – Begriff ‚infolge Benutzung erworbene Unterscheidungskraft‘ – Dreidimensionale Marke – Vierfach gerippter Schokoladenwaffelriegel Kit Kat – Art. 3 Abs. 1 Buchst. e – Zeichen, das aus einer Form, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, und zugleich aus einer zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichen Form besteht – In die technische Wirkung einbezogenes Herstellungsverfahren“

In der Rechtssache C‑215/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Intellectual Property), Vereinigtes Königreich, mit Entscheidung vom 27. Januar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 28. April 2014, in dem Verfahren

Société des Produits Nestlé SA

gegen

Cadbury UK Ltd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter S. Rodin und E. Levits, der Richterin M. Berger sowie des Richters F. Biltgen (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Société des Produits Nestlé SA, vertreten durch T. Scourfield und T. Reid, Solicitors, sowie durch S. Malynicz, Barrister,

–        der Cadbury UK Ltd, vertreten durch P. Walsh und S. Dunstan, Solicitors, sowie durch T. Mitcheson, QC,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Christie als Bevollmächtigten im Beistand von N. Saunders, Barrister,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, B. Czech und J. Fałdyga als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch F. W. Bulst und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Juni 2015

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und e Ziff. i und ii und Abs. 3 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 299, S. 25).

2        Diese Frage stellt sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Société des Produits Nestlé SA (im Folgenden: Nestlé) und der Cadbury UK Ltd (im Folgenden: Cadbury) über deren Widerspruch gegen die Anmeldung eines dreidimensionalen Zeichens in Form eines vierfach gerippten, mit Schokolade überzogenen Waffelriegels als Marke im Vereinigten Königreich durch Nestlé.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Mit der Richtlinie 2008/95 wurde die Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, berichtigt im ABl. 1989, L 159, S. 60) aufgehoben und ersetzt.

4        Der erste Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/95 lautet:

„Die Richtlinie [89/104] wurde inhaltlich geändert … Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, sie zu kodifizieren.“

5        Nach Art. 2 der Richtlinie 2008/95 können „Marken … alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, … soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“.

6        Art. 3 („Eintragungshindernisse – Ungültigkeitsgründe“) der Richtlinie 2008/95, der ohne wesentliche Änderung den Inhalt von Art. 3 der Richtlinie 89/104 übernimmt, bestimmt:

„(1)      Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

b)      Marken, die keine Unterscheidungskraft haben;

e)      Zeichen, die ausschließlich bestehen:

i)      aus der Form der Ware, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist;

ii)      aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist;

iii)      aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht;

(3)      Eine Marke wird nicht gemäß Absatz 1 Buchstabe b, c oder d von der Eintragung ausgeschlossen oder für ungültig erklärt, wenn sie vor der Anmeldung infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus vorsehen, dass die vorliegende Bestimmung auch dann gilt, wenn die Unterscheidungskraft erst nach der Anmeldung oder Eintragung erworben wurde.

…“

 Recht des Vereinigten Königreichs

7        Nach Section 3(1) des Trade Marks Act 1994 (Gesetz von 1994 über die Marken) sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben, es sei denn, sie haben vor der Einreichung der Anmeldung infolge ihrer Benutzung tatsächlich Unterscheidungskraft erworben.

8        Nach Section 3(2) wird ein Zeichen nicht als Marke eingetragen, wenn es ausschließlich aus der Form der Ware, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, oder aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, besteht.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9        Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Ware wurde von der Rowntree & Co Ltd seit 1935 im Vereinigten Königreich unter dem Namen „Rowntree’s Chocolate Crisp“ vertrieben. 1937 wurde der Name der Ware in „Kit Kat Chocolate Crisp“ geändert und sodann zu „Kit Kat“ verkürzt. 1988 wurde diese Gesellschaft, deren neue Firma Rowntree plc war, von Nestlé erworben.

10      Die Ware wurde lange Zeit in einer Verpackung verkauft, die aus zwei Schichten bestand, einer inneren aus Silberfolie und einer äußeren aus bedrucktem Papier mit einem rot-weißen Logo und der Wortfolge „Kit Kat“. Die derzeitige Verpackung besteht aus einer einzigen Schicht, die mit demselben Logo bedruckt ist. Das Erscheinungsbild des Logos hat im Lauf der Zeit eine Entwicklung durchlaufen, sich aber nicht stark verändert.

11      Die Grundform der Ware ist seit 1935 nahezu gleich geblieben, nur ihre Abmessungen wurden geringfügig verändert. Die unverpackte Ware hat derzeit folgendes Erscheinungsbild:

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12      Es ist darauf hinzuweisen, dass auf jeder Rippe die Worte „Kit Kat“ und Segmente des Ovals, die Teil des Logos sind, aufgeprägt sind.

13      Am 8. Juli 2010 meldete Nestlé das nachstehend grafisch dargestellte dreidimensionale Zeichen (im Folgenden: fragliche Marke) als Marke im Vereinigten Königreich an:

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14      Die Anmeldemarke unterscheidet sich damit insofern von der tatsächlichen Form der Ware, als sie nicht die aufgeprägten Worte „Kit Kat“ enthält.

15      Die Marke wurde für folgende Waren der Klasse 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

„Schokolade; Schokoladenbonbons; Schokoladenerzeugnisse; Konfekt; Präparate auf Schokoladenbasis; Backwaren; Gebäck; Biskuits; schokolierte Kekse; Kekswaffeln mit Schokoladenüberzug; Kuchen; Plätzchen; Oblaten“.

16      Die Anmeldung wurde vom Markenamt des Vereinigten Königreichs angenommen und für Widerspruchszwecke veröffentlicht. Das Markenamt ging davon aus, dass die Marke zwar keine originäre Unterscheidungskraft habe, doch habe der Antragsteller nachgewiesen, dass sie aufgrund ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe.

17      Am 28. Januar 2011 legte Cadbury gegen die Anmeldung Widerspruch ein und machte mehrere Gründe geltend, insbesondere den, dass die Eintragung auf der Grundlage der Vorschriften des Trade Marks Act 1994, mit denen Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und e Ziff. i und ii und Abs. 3 der Richtlinie 2008/95 umgesetzt worden sei, zurückgewiesen werden müsse.

18      Mit Entscheidung vom 20. Juni 2013 stellte der Prüfer des Markenamts des Vereinigten Königreichs fest, dass die fragliche Marke keine originäre Unterscheidungskraft habe und auch nicht infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben habe.

19      Der Prüfer stellte fest, dass die angemeldete Form drei Merkmale aufweise:

–        die Grundform einer rechteckigen Tafel,

–        das Vorhandensein, die Position und die Tiefe der den Riegel der Länge nach durchziehenden Rillen und

–        die Zahl der Rillen, die zusammen mit der Breite des Riegels die Zahl der „Rippen“ bestimmen.

20      Der Prüfer war der Auffassung, dass es sich bei dem erstgenannten Merkmal um eine Form handele, die durch die Art der Waren selbst bedingt sei und daher nicht eingetragen werden könne, außer in Bezug auf „Kuchen“ und „Gebäck“, bei denen die Form der Marke erheblich von den Regeln der Branche abweiche. Da die beiden anderen Merkmale zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich seien, wies er den Eintragungsantrag im Übrigen zurück.

21      Am 18. Juli 2013 legte Nestlé gegen diese Entscheidung beim vorlegenden Gericht ein Rechtsmittel ein, mit dem sie der Feststellung entgegentritt, dass die fragliche Marke durch ihre Benutzung vor dem relevanten Zeitpunkt keine Unterscheidungskraft erlangt habe. Darüber hinaus macht Nestlé geltend, dass die fragliche Marke nicht ausschließlich in der durch die Art der Ware selbst bedingten Form oder in der für die Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichen Form bestehe.

22      Mit einem am selben Tag eingelegten Anschlussrechtsmittel wendet sich Cadbury gegen die Entscheidung vom 20. Juni 2013, soweit darin festgestellt wurde, dass die fragliche Marke hinsichtlich Kuchen und Gebäck originäre Unterscheidungskraft habe und nicht ausschließlich in der durch die Art der Ware selbst bedingten Form oder in der für die Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichen Form bestehe.

23      Das vorlegende Gericht ist zunächst der Auffassung, der Prüfer hätte nicht zwischen Kuchen und Gebäck auf der einen und allen anderen Waren in Klasse 30 des Abkommens von Nizza auf der anderen Seite unterscheiden dürfen, sei es in Bezug auf den Nachweis der Unterscheidungskraft der fraglichen Marke oder in Bezug auf die Anwendbarkeit von Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i und ii der Richtlinie 2008/95.

24      Sodann hält es das vorlegende Gericht im Hinblick auf die Frage, ob die Marke durch ihre Benutzung vor dem relevanten Zeitpunkt Unterscheidungskraft erlangt habe, nach Anführung der einschlägigen Rechtsprechung für klärungsbedürftig, ob es für den Nachweis, dass eine Marke Unterscheidungskraft erlangt habe, ausreiche, dass zum relevanten Zeitpunkt ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Marke erkenne und mit den Waren des Anmelders verbinde. Dem Anmelder obliege nämlich der Nachweis, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Marke – im Gegensatz zu jeder anderen etwa vorhandenen Marke – als Hinweis auf die Herkunft der Waren wahrnehme.

25      Schließlich führt das vorlegende Gericht in Bezug auf die durch die Art der Ware selbst bedingte Form und die für die Erreichung einer technischen Wirkung erforderliche Form aus, dass es zu Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i und ii der Richtlinie 2008/95 nur wenig Rechtsprechung gebe.

26      Unter diesen Umständen hat der High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Intellectual Property), beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Reicht es aus, wenn der Anmelder einer Marke, um darzutun, dass sie infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2008/95 erworben hat, nachweist, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Marke erkennt und in dem Sinne mit den Waren des Anmelders verbindet, dass sie, wenn sie angeben sollten, wer die mit der Marke gekennzeichneten Waren vermarktet, den Anmelder nennen würden, oder muss er nachweisen, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Marke (und keine anderen etwa vorhandenen Marken) als Hinweis auf die Herkunft der Waren wahrnimmt?

2.      Ist eine Form, die aus drei wesentlichen Merkmalen besteht, von denen eines durch die Art der Ware selbst bedingt ist und zwei zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i und/oder ii der Richtlinie 2008/95 von der Eintragung als Marke ausgeschlossen?

3.      Ist Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen, dass nach dieser Bestimmung Formen von der Eintragung ausgeschlossen sind, die zur Erreichung einer die Herstellungsweise der Waren und nicht ihre Funktionsweise betreffenden technischen Wirkung erforderlich sind?

 Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

27      Nachdem das mündliche Verfahren am 11. Juni 2015 im Anschluss an die Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts abgeschlossen worden ist, hat Nestlé mit Schreiben vom 26. Juni 2015, das am 30. Juni 2015 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt.

28      Zur Begründung dieses Antrags macht Nestlé insbesondere geltend, dass das vorlegende Gericht nicht in der Lage sei, zur ersten Vorlagefrage Stellung zu nehmen, da die Schlussanträge des Generalanwalts diese Frage nicht ausreichend beantworteten.

29      Außerdem beruhten die Schlussanträge des Generalanwalts auf einem Fehlverständnis der von ihr eingereichten schriftlichen Erklärungen.

30      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen kann, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist (vgl. Urteil Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Im vorliegenden Fall hält sich der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts für ausreichend unterrichtet, um eine Entscheidung zu treffen, und ist der Ansicht, dass weder eine neue Tatsache von entscheidender Bedeutung vorliegt noch ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.

32      Überdies hat der Generalanwalt nach Art. 252 Abs. 2 AEUV öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs seine Mitwirkung erforderlich ist. Die Schlussanträge des Generalanwalts oder ihre Begründung binden den Gerichtshof jedoch nicht (vgl. Urteil Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Der Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens ist daher zurückzuweisen.

 Zu den Vorlagefragen

 Vorbemerkungen

34      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass das Vorabentscheidungsersuchen die Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2008/95 betrifft.

35      Wie aus dem Urteil Oberbank u. a. (C‑217/13 und C‑218/13, EU:C:2014:2012, Rn. 31) hervorgeht, wurde mit der Richtlinie 2008/95 lediglich die Richtlinie 89/104 kodifiziert, so dass die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Bestimmungen gegenüber den entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 89/104 keine wesentlichen Änderungen in Wortlaut, Systematik oder Zweck erfahren haben. Folglich bleiben die Bezugnahmen auf die Rechtsprechung zur Richtlinie 89/104 für die vorliegende Rechtssache relevant.

36      Zweitens kann nach Art. 2 der Richtlinie 2008/95 ein Zeichen, das die Form einer Ware darstellt, grundsätzlich eine Marke sein, sofern es sich grafisch darstellen lässt und geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

37      In Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 sind ausdrücklich bestimmte aus der Form der Ware bestehende Zeichen aufgeführt, für die spezielle Eintragungshindernisse gelten; dabei handelt es sich um Zeichen, die ausschließlich aus der Form der Ware, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, aus der zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichen Form der Ware oder aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht, bestehen.

38      Da Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 ein vorgreifliches Hindernis für die Eintragung eines ausschließlich aus der Form einer Ware bestehenden Zeichens ist, kann ein solches Zeichen, wenn eines der drei in dieser Bestimmung genannten Kriterien erfüllt ist, nicht als Marke eingetragen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 76, sowie Linde u. a., C‑53/01 bis C‑55/01, EU:C:2003:206, Rn. 44).

39      Darüber hinaus kann ein Zeichen, das nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 von der Eintragung ausgeschlossen ist, nie durch seine Benutzung Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie erwerben (vgl. in diesem Sinne Urteile Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 75, sowie Linde u. a., C‑53/01 bis C‑55/01, EU:C:2003:206, Rn. 44).

40      Folglich ist im Rahmen des Antrags auf Eintragung eines Zeichens, das ausschließlich aus der Form einer Ware besteht, zunächst zu prüfen, ob kein der Eintragung entgegenstehendes Hindernis nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 vorliegt, bevor untersucht wird, ob das fragliche Zeichen möglicherweise Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie erworben hat.

41      Daher ist im Einklang mit der vom Unionsgesetzgeber bei der Abfassung von Art. 3 der Richtlinie 2008/95 gewählten Systematik und Ordnung die Reihenfolge der Prüfung der Vorlagefragen umzukehren und zunächst auf die zweite und die dritte Frage einzugehen, die die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 betreffen, bevor die erste, Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie betreffende Frage geprüft wird.

 Zur zweiten Frage

42      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen ist, dass er der Eintragung eines aus der Form der Ware bestehenden Zeichens als Marke entgegensteht, wenn diese Form drei wesentliche Merkmale aufweist, von denen eines durch die Art der Ware selbst bedingt ist und die beiden anderen zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind.

43      Eingangs ist daran zu erinnern, dass die verschiedenen in Art. 3 der Richtlinie 2008/95 aufgezählten Eintragungshindernisse im Licht des Allgemeininteresses auszulegen sind, das ihnen jeweils zugrunde liegt (vgl. in diesem Sinne Urteile Windsurfing Chiemsee, C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 25 bis 27, sowie Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 77).

44      Die Ratio der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 vorgesehenen Eintragungshindernisse besteht darin, zu verhindern, dass der Schutz des Markenrechts seinem Inhaber ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware einräumt, die der Benutzer auch bei den Waren der Mitbewerber suchen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 78, und Hauck, C‑205/13, EU:C:2014:2233, Rn. 18).

45      Es gilt nämlich zu verhindern, dass das ausschließliche und auf Dauer angelegte Recht, das eine Marke verleiht, dazu dienen kann, andere Rechte, für die der Unionsgesetzgeber eine begrenzte Schutzdauer vorsehen wollte, zu verewigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Hauck, C‑205/13, EU:C:2014:2233, Rn. 19, und – zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung [EG] Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. 1994, L 11, S. 1], der im Wesentlichen mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 übereinstimmt – Urteil Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 45).

46      Zu der Frage, ob die verschiedenen Eintragungshindernisse nebeneinander angewandt werden können, hat der Gerichtshof ausgeführt, dass aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 klar hervorgeht, dass die drei Eintragungshindernisse eigenständig sind und jedes von ihnen unabhängig von den anderen anzuwenden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Hauck, C‑205/13, EU:C:2014:2233, Rn. 39).

47      Der Gerichtshof hat daraus abgeleitet, dass ein ausschließlich aus der Form der Ware bestehendes Zeichen nicht als Marke eingetragen werden kann, wenn auch nur eines der in dieser Bestimmung genannten Kriterien erfüllt ist; dabei ist es unerheblich, dass dieses Zeichen auf der Grundlage mehrerer Eintragungshindernisse ausgeschlossen werden kann, solange ein einziges Hindernis auf das Zeichen voll anwendbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Hauck, C‑205/13, EU:C:2014:2233, Rn. 40 und 41).

48      Folglich schließt Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 es nicht aus, dass die wesentlichen Merkmale eines Zeichens unter eines oder mehrere der dort genannten Eintragungshindernisse fallen. In einem solchen Fall setzt die Zurückweisung der Anmeldung jedoch voraus, dass mindestens eines dieser Hindernisse auf das fragliche Zeichen voll anwendbar ist.

49      Das im Allgemeininteresse liegende Ziel, das der Anwendung der drei in Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 vorgesehenen Eintragungshindernisse zugrunde liegt, steht der Zurückweisung der Anmeldung nämlich entgegen, wenn keines dieser drei Hindernisse voll anwendbar ist (Urteil Hauck, C‑205/13, EU:C:2014:2233, Rn. 42).

50      Eine Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95, die es nicht ermöglichen würde, die Anmeldung einer Marke zurückzuweisen, wenn die Untersuchungen ergeben, dass mehr als eines der drei Eintragungshindernisse anwendbar ist, oder die es ermöglichen würde, diese Bestimmung in Fällen heranzuziehen, in denen jedes der drei genannten Eintragungshindernisse lediglich teilweise dargetan wäre, liefe offenkundig dem in den Rn. 43 bis 45 des vorliegenden Urteils angeführten, im Allgemeininteresse liegenden Ziel zuwider, das der Anwendung der drei in Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 vorgesehenen Eintragungshindernisse zugrunde liegt.

51      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen ist, dass er der Eintragung eines aus der Form der Ware bestehenden Zeichens als Marke entgegensteht, wenn diese Form drei wesentliche Merkmale aufweist, von denen eines durch die Art der Ware selbst bedingt ist und die beiden anderen zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind; dabei muss jedoch zumindest eines der in dieser Bestimmung genannten Eintragungshindernisse auf die fragliche Form voll anwendbar sein.

 Zur dritten Frage

52      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Richtlinie 2008/95, wonach Zeichen, die ausschließlich aus der zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichen Form der Ware bestehen, von der Eintragung ausgeschlossen werden können, dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung allein die Funktionsweise der fraglichen Ware erfasst, oder ob sie auch auf ihre Herstellungsweise anwendbar ist.

53      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Bestimmung nach ihrem Wortlaut ausdrücklich auf die zur Erreichung einer „technischen Wirkung“ erforderliche Form der Ware bezieht, ohne ihren Herstellungsprozess zu erwähnen.

54      Wird die Bestimmung anhand ihres Wortlauts ausgelegt, so beschränkt sich das dort genannte Eintragungshindernis auf die Funktionsweise der Ware, wobei die technische Wirkung das Ergebnis einer bestimmten Herstellungsweise der fraglichen Form ist.

55      Diese Auslegung wird durch das mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Richtlinie 2008/95 verfolgte Ziel bestätigt, das, wie aus der in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervorgeht, darin besteht, zu verhindern, dass ein Monopol für technische Lösungen eingeräumt wird, die der Benutzer auch bei den Waren der Mitbewerber suchen kann. Denn aus der Sicht des Verbrauchers sind die Funktionalitäten der Ware maßgeblich, und die Modalitäten ihrer Herstellung sind unerheblich.

56      Überdies ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Herstellungsmodalitäten auch im Rahmen der Beurteilung der wesentlichen funktionellen Merkmale der Form einer Ware nicht maßgeblich sind. Die Eintragung eines Zeichens, das aus einer allein der technischen Wirkung zuzuschreibenden Form besteht, ist nämlich auch dann ausgeschlossen, wenn die betreffende technische Wirkung durch andere Formen und folglich durch andere Herstellungsprozesse erzielt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 83).

57      Demnach ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Richtlinie 2008/95, wonach Zeichen, die ausschließlich aus der zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichen Form der Ware bestehen, von der Eintragung ausgeschlossen werden können, dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung die Funktionsweise der fraglichen Ware erfasst und nicht auf ihre Herstellungsweise anwendbar ist.

 Zur ersten Frage

58      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Anmelder einer Marke, die infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2008/95 erworben hat, nachweisen muss, dass die beteiligten Verkehrskreise allein die mit dieser Marke – und nicht die mit anderen etwa vorhandenen Marken – gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend wahrnehmen, oder ob es ausreicht, dass er nachweist, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Marke erkennt und mit seinen Waren verbindet.

59      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Hauptfunktion der Marke darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne etwaige Gefahr der Verwechslung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (Urteil Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 30).

60      Durch ihre Unterscheidungskraft vermag eine Marke nämlich die von ihr erfasste Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit die Unterscheidung dieser Ware oder Dienstleistung von denjenigen anderer Unternehmen zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteile Windsurfing Chiemsee, C‑108/97 und C‑109/97, EU:C:1999:230, Rn. 46, Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 35, sowie Oberbank u. a., C‑217/13 und C‑218/13, EU:C:2014:2012, Rn. 38).

61      Diese Unterscheidungskraft ist anhand der von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen und anhand der mutmaßlichen Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, d. h. der normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Kategorie von Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile Koninklijke KPN Nederland, C‑363/99, EU:C:2004:86, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, Nestlé, C‑353/03, EU:C:2005:432, Rn. 25, sowie Oberbank u. a., C‑217/13 und C‑218/13, EU:C:2014:2012, Rn. 39).

62      Die somit eine der allgemeinen Voraussetzungen dafür, dass ein Zeichen als Marke eingetragen werden kann, darstellende Unterscheidungskraft kann der Marke, worauf Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 abstellt, innewohnen oder infolge ihrer Benutzung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie erworben worden sein.

63      Was speziell den Erwerb von Unterscheidungskraft nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2008/95 angeht, ist der Ausdruck „Benutzung der Marke als Marke“ so zu verstehen, dass er sich nur auf eine Benutzung der Marke bezieht, die der Identifizierung der Ware oder Dienstleistung durch die beteiligten Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend dient (Urteil Nestlé, C‑353/03, EU:C:2005:432, Rn. 29).

64      Der Gerichtshof hat zwar anerkannt, dass sich eine solche Identifizierung und damit der Erwerb von Unterscheidungskraft sowohl aus der Benutzung eines Elements einer eingetragenen Marke als deren Bestandteil als auch aus der Benutzung einer anderen Marke in Verbindung mit einer eingetragenen Marke ergeben können. Er hat jedoch klargestellt, dass es in beiden Fällen erforderlich ist, dass die beteiligten Verkehrskreise allein die mit der angemeldeten Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung tatsächlich als von einem bestimmten Unternehmen stammend wahrnehmen (Urteil Nestlé, C‑353/03, EU:C:2005:432, Rn. 30, sowie – im Rahmen der Verordnung Nr. 40/94, deren Art. 7 Abs. 3 im Wesentlichen mit Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2008/95 übereinstimmt – Urteil Colloseum Holding, C‑12/12, EU:C:2013:253, Rn. 27).

65      Mithin besteht unabhängig davon, ob die Benutzung ein Zeichen als Teil einer eingetragenen Marke oder in Verbindung mit dieser betrifft, die wesentliche Voraussetzung darin, dass das Zeichen, dessen Eintragung als Marke beantragt wird, infolge dieser Benutzung die Waren, auf die es sich bezieht, bei den beteiligten Verkehrskreisen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Colloseum Holding, C‑12/12, EU:C:2013:253, Rn. 28).

66      Daraus ist, wie den Nrn. 48 bis 52 der Schlussanträge des Generalanwalts zu entnehmen ist, abzuleiten, dass die angemeldete Marke zwar als Teil einer eingetragenen Marke oder in Verbindung mit einer solchen Marke Gegenstand einer Benutzung gewesen sein kann, der Anmelder aber für die Eintragung der Marke selbst gleichwohl nachweisen muss, dass allein diese Marke und keine anderen etwa vorhandenen Marken auf die Herkunft der Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend hinweist.

67      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass der Anmelder, um die Eintragung einer Marke zu erreichen, die, sei es als Teil einer anderen eingetragenen Marke oder in Verbindung mit dieser, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2008/95 erworben hat, nachweisen muss, dass die beteiligten Verkehrskreise allein die mit dieser Marke – und nicht die mit anderen etwa vorhandenen Marken – gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend wahrnehmen.

 Kosten

68      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass er der Eintragung eines aus der Form der Ware bestehenden Zeichens als Marke entgegensteht, wenn diese Form drei wesentliche Merkmale aufweist, von denen eines durch die Art der Ware selbst bedingt ist und die beiden anderen zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind; dabei muss jedoch zumindest eines der in dieser Bestimmung genannten Eintragungshindernisse auf die fragliche Form voll anwendbar sein.

2.      Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Richtlinie 2008/95, wonach Zeichen, die ausschließlich aus der zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichen Form der Ware bestehen, von der Eintragung ausgeschlossen werden können, ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung die Funktionsweise der fraglichen Ware erfasst und nicht auf ihre Herstellungsweise anwendbar ist.

3.      Um die Eintragung einer Marke zu erreichen, die, sei es als Teil einer anderen eingetragenen Marke oder in Verbindung mit dieser, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2008/95 erworben hat, muss der Anmelder nachweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise allein die mit dieser Marke – und nicht die mit anderen etwa vorhandenen Marken – gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend wahrnehmen.

Unterschriften

Quelle: InfoCuria – Rechtsprechung des Gerichtshofs

 

OLG Frankfurt: Befugnis zur Urteilsveröffentlichung nach Markenverletzung

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Das OLG Frankfurt hat sich in einer von TCI Rechtsanwälte auf Klägerseite erstrittenen Entscheidung über Grund und Umfang des vergleichsweise neuen Anspruchs auf Urteilsveröffentlichung gemäß § 19c MarkenG im Falle einer Markenverletzung (auf Kosten des Beklagten) geäußert. Da es in diesem Bereich bislang kaum Rechtsprechung gibt, ist diese Entscheidung umso interessanter. Der Senat hat klargestellt, dass Art und Umfang der Veröffentlichung letztlich durch das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt werden, so dass Angaben hierzu im Rahmen des Antrags stets nur als Anregung verstanden werden können. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin zunächst die Veröffentlichung in einer bundesweiten Tageszeitung beantragt, während das Landgericht in erster Instanz die Veröffentlichung der Entscheidung auf der Internetseite der Beklagten angeordnet hat – Nun hat das OLG Frankfurt in der Berufungsinstanz die Veröffentlichung wesentlicher Inhalte der Entscheidung im Rahmen einer Fachzeitschrift verfügt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Beklagte hat bereits Revision zum BGH eingelegt. Nun zum Volltext:

OLG Frankfurt, Urteil vom 09.01.2014, Az.: 6 U 106/13

Leitsätze

1. Ob im Rahmen der Verurteilung wegen einer Markenverletzung dem Kläger eine Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils (§ 19c MarkenG) zuzusprechen ist, hängt von einer umfassenden Interessenabwägung ab. Dabei können neben der Eignung der Veröffentlichung zur Störungsbeseitigung auch generalpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt werden.

2. Art und Umfang der Veröffentlichung werden vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Wird daher gegen eine in erster Instanz angeordnete Veröffentlichungsbefugnis Berufung eingelegt, kann das Berufungsgericht eine andere Art der Veröffentlichung bestimmen, ohne dass es hierzu einer Anschlussberufung des Klägers bedürfte.

Verfahrensgang

vorgehend LG Frankfurt, 10. April 2013, Az: 2-6 O 607/12, Urteil

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. April 2013 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 3. des Urteilsausspruchs wie folgt lautet:

Die Klägerin ist befugt, nach Rechtskraft des Urteils auf Kosten der Beklagten folgenden Text öffentlich bekannt zu machen:

(…)

(Von der Darstellung wurde abgesehen)

Die Bekanntmachung kann durch eine halbseitige Anzeige in einer von der Klägerin festzulegenden Fachzeitschrift im Bereich der Touristik geschehen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin ist eine Spezialveranstalterin für Sport- und Erlebnisreisen. Sie tritt unter der Geschäftsbezeichnung „A Reisen“ oder „A Sportreisen“ auf und besitzt die Internet-Domains „Areisen.de“ und „Areisen.com“.

Die Beklagte betreibt unter der Domain „www…de“ ein Online – Reisebüro zur Vermittlung eines veranstalterübergreifenden Reiseangebots.

Die Beklagte hat zahlreiche Internet-Adressen unterhalb der Domain „…de“ mit den Begriffen „Areisen“ und „A Reisen“ gebildet. Die Programmierung der Internet-Seiten der Beklagten führten dazu, dass ein Interessent, der sich für ein Reiseangebot der Klägerin interessierte und über die Internet-Suchmaschine Google nach dem Suchbegriff „Areisen 2013“ suchte, als ersten Treffer die Internet-Seite der Beklagten „www…de/Angebote/A-Reisen-2013“ angezeigt bekam. Tatsächlich vermittelte die Beklagte keine Reisen der Klägerin.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen der Verletzung ihrer Kennzeichenrechte am 27.7.2013 eine einstweilige Verfügung der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt erwirkt, deren wesentlicher Inhalt im obigen Urteilsausspruch wiedergegeben wird. Die Beklagte hat diese einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt.

Im hiesigen Verfahren begehrt die Klägerin Schadensersatz, Erstattung von Abmahnkosten und Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlungen. Unter Ziffer 3.) hat die Klägerin ferner folgenden Antrag gestellt:

„3. Die Klägerin ist befugt, nach Rechtskraft des Urteils das Rubrum sowie Ziff. I. und II. des Urteilstenors auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen; die Bekanntmachung erfolgt – nach Wahl der Klägerin – durch eine viertelseitige Anzeige in einer Wochenendausgabe entweder der B Zeitung oder der C Zeitung sowie darüber hinaus durch eine halbseitige Anzeige in einer von der Klägerin festzulegenden Fachzeitschrift der Touristik“.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main verwiesen.

Das Landgericht hat dem Schadensersatz-, dem Erstattungs- und dem Auskunftsbegehren stattgegeben. Unter Ziffer 3. des Urteilsausspruchs hat das Landgericht die Klägerin befugt, nach Rechtskraft des Urteils auf Kosten der Beklagten Rubrum und Urteilstenor öffentlich bekannt zu machen und angeordnet, dass diese Bekanntmachung erfolgt, indem die Beklagte beim ersten Aufruf ihrer Homepage „…de“ in dem derzeit unbeschrifteten rechten Rand für 30 Tage ein „Pop-up-Fenster“ erscheinen lässt.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten richtet sich nur gegen die Verurteilung unter Ziffer 3. des Urteilsausspruchs.

Die Beklagte wirft dem Landgericht vor, verkannt zu haben, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19c Markengesetz nicht vorlägen, weil weder ein fortdauernder Störungszustand bestehe noch die ausgesprochene Veröffentlichungsbefugnis geeignet, erforderlich und angemessen sei, um die vermeintliche Störung zu beseitigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil in dem angefochtenen Umfang abzuändern und insoweit die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die Berufung der Beklagten bleibt im Ergebnis ohne Erfolg, denn der Klägerin ist die Befugnis zuzusprechen, das Urteil auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen (§ 19c MarkenG). Der Senat hat lediglich eine vom Landgericht abweichende Anordnung zur Art und zum Umfang der Veröffentlichung getroffen, weil der Tenor der angefochtenen Entscheidung mit den gesetzlichen Vorgaben nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Dazu im Einzelnen:

1.

Nach § 19c Markengesetz kann das Gericht in einer Markenstreitsache der obsiegenden Partei im Urteil die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn die obsiegende Partei dafür ein berechtigtes Interesse darlegt.

Da es für den Anwendungsbereich des § 19c MarkenG lediglich darauf ankommt, ob die Klage aufgrund des Markengesetzes erhoben ist, ist eine Veröffentlichungsbefugnis auch in Bezug auf Schadensersatzklagen gem. § 15 Abs. 5 S. 1 MarkenG gegeben (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Auflage, Rn. 5 zu § 19c).

Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung der Entscheidung dargelegt.

An die Darlegung des berechtigten Interesses dürfen keine besonders hohen Anforderungen gestellt werden, denn dieses Tatbestandsmerkmal wird in Art. 15 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (sog. „Enforcement- oder Durchsetzungsrichtlinie“), der durch § 19c MarkenG umgesetzt wird, nicht genannt (vgl. dazu Maaßen, Markenrecht 2008, 417, 419; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Rn. 7 zu § 19c MarkenG).

Das Gericht muss die Interessen der Parteien umfassend abwägen und dabei zunächst prüfen, ob die Veröffentlichung erforderlich und geeignet ist, um einen durch die Kennzeichenverletzung eingetretenen Störungszustand zu beseitigen. Darüber hinaus muss das in Erwägungsgrund 27 der Durchsetzungsrichtlinie erklärte Ziel berücksichtigt werden, mit einer etwaigen Veröffentlichung potentielle Verletzer abzuschrecken und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und damit der Generalprävention zu dienen (vgl. Maaßen, Markenrecht 2008, 417, 419; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Rn 7 zu § 19c MarkenG; Fezer a.a.O. Rn. 10 zu § 19c MarkenG, jeweils m. w. n.). Dabei ist regelmäßig vom Bestehen eines berechtigten Interesses auszugehen, wenn die Kennzeichenverletzung aufgrund der Größe und Marktbedeutung des Verletzers von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreises bemerkt werden kann (Maaßen a.a.O., S. 419).

Die Beklagte hat durch ihre Internet-Werbung einen Störungszustand geschaffen, der eine erhebliche Marktverwirrung zu Lasten der Klägerin hervorgerufen hat. Sie hat nämlich durch die Programmierung ihrer Internet-Seiten versucht, potentielle Interessenten der Klägerin, die im Internet nach Angeboten der Klägerin gesucht haben, systematisch und in einem erheblichen Umfang „abzufangen“ und auf ihr eigenes Angebot „umzuleiten“. Dabei musste bei diesen Interessenten der unzutreffende Eindruck entstehen, die Reiseangebote der Klägerin würden – möglicherweise sogar exklusiv – über die Beklagte vertrieben. Als Beispiele kann auf die in den Tenor der Beschlussverfügung des Landgerichts aufgenommenen Unterseiten sowie auf die Darstellung auf Seite 14 f. der Klageschrift Bezug genommen werden.

Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung ausführlich dargelegt, dass ihr Reiseportal eine überragende Bekanntheit hat. Die Klägerin hat dartun können, dass sie im Segment der Sport- und Familienreisen eine nicht unbedeutende Marktstellung einnimmt. Es kann deswegen angenommen werden, dass die Kennzeichenverletzung bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher eine Fehlvorstellung im o. g. Sinn hervorgerufen hat und dass deshalb auch der Firmenwert der Klägerin beeinträchtigt worden ist.

Das berechtigte Interesse der Klägerin entfällt nicht dadurch, dass die Beklagte nach der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 27. 7. 2012 ihren Internet-Auftritt umgestellt hat. Der Anspruch auf Veröffentlichung besteht so lange fort, wie die Verletzungshandlung noch fortwirkt und ein Informationsinteresse des Verkehrs noch fortbestehen kann (vgl. Maaßen a.a.O., S. 420 m. w. N.).

Die streitgegenständliche Kennzeichenverletzung ist geeignet, eine Marktverwirrung hervorzurufen, die über mehrere Jahre hinwegwirkt und kann somit das klägerische Firmenrecht nachhaltig beeinträchtigen. Auch der generalpräventive Ansatz der Klägerin, derartig unlautere Werbestrategien publik zu machen, um damit potentielle Nachahmer abschrecken zu können, spricht dafür, der Klägerin nach wie vor eine Befugnis zur Veröffentlichung zuzubilligen.

3.

Art und Umfang der Bekanntmachung werden vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen im Urteil bestimmt (§ 19c S. 2 MarkenG). Das Gericht soll demnach von sich aus das Medium festlegen, in dem die Entscheidung veröffentlicht werden soll, um das vom Anspruchsteller bezweckte Ziel zu erreichen. Darüber hinaus steht es dem Gericht auch frei zu entscheiden, im welchem Umfang das Urteil veröffentlicht werden soll. Im Hinblick auf die Vorgaben in Art. 15 der Durchsetzungsrichtlinie kann das Gericht anordnen, welche Informationen über die betreffende Entscheidung veröffentlicht werden dürfen. Da der Anspruchsteller den Umfang der Veröffentlichung nicht von sich aus festlegen kann, geht sein Antrag insoweit nicht über eine Anregung hinaus. Dies hat im vorliegenden Fall folgende Auswirkungen:

a)

Der Urteilstenor des Landgerichts konnte in dieser Form nicht aufrechterhalten werden, weil er der Beklagten eine Veröffentlichungspflicht auferlegt, für die § 19c MarkenG keine Rechtsgrundlage hergibt. Dies ist bereits im Hinweis des Senats zur Terminsladung ausführlich dargelegt worden, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen darauf verwiesen werden kann (Bl. 247 d. A.) Ergänzend ist lediglich folgendes auszuführen:

§ 19c Markengesetz eröffnet dem Verletzten lediglich die Befugnis, auf Kosten des Prozessgegners das Urteil zu veröffentlichen. Der Verletzte kann daher nach dieser Vorschrift nicht die Duldung der Veröffentlichung durch den Verletzten verlangen oder eine Verurteilung des Verletzers zur Veröffentlichung begehren (vgl. Maaßen a.a.O., S. 422). Ein solches Klageziel ließe sich nur aus dem allgemeinen zivilrechtlichen negatorischen Beseitigungs- oder einem deliktischen Schadensersatzanspruch herleiten und beträfe somit einen anderen Streitgegenstand. (vgl. dazu Fezer a.a.O. Rdn. 16 zu § 19c; Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage Rn. 4.19 zu § 12 UWG).

Soweit sich das Landgericht auf eine Entscheidung des Österreichischen Obersten Gerichtshofs vom 15.10.2002 beruft, die in der Kommentierung von Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, Rdn. 8 zu § 19c Markengesetz zitiert wird (OGH Wien, K & R 2003 251 mit Anmerkung von Thiele, K & R 2003, 255), lässt sich dieses Urteil auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Die dort angeordnete Veröffentlichungspflicht wird vom OGH aus einer Vorschrift des österreichischen Rechts hergeleitet, die im deutschen Recht keine Entsprechung hat (§ 25 Abs. 7 Öster. UWG, vgl. OGH Wien K & R 2003, 251, 255).

b)

Der Senat kann von sich aus festlegen, in welchem Medium und in welchem Umfang die Entscheidung veröffentlicht wird.

Die Klägerin hat klargestellt, dass sie ihren ursprünglichen Klageantrag in der Berufung beibehalten will (Schriftsatz vom 29.10.2013, Bl. 254 d. A.). Dieser Antrag ist – ähnlich wie ein in der ersten Instanz unbeschiedener Hilfsantrag (vgl. dazu BGH GRUR 2012, 58 Tz. 38 – Seilzirkus) – im Berufungsverfahren „angefallen“ und muss daher beschieden werden. Insbesondere bedurfte es dazu keiner Anschlussberufung, da die Klägerin nur die Veröffentlichungsbefugnis begehren, dem Landgericht nicht aber deren konkrete Umsetzung vorgeben konnte. Sachgerecht ist daher, ihr Berufungsvorbringen so zu bewerten, dass sie zumindest hilfsweise ihr ursprüngliches Klageziel weiterverfolgt, wenn die vom Landgericht getroffene Ermessensentscheidung nicht aufrechterhalten werden kann.

c)

Die Veröffentlichung des oben aufgeführten Textes in einer Fachzeitschrift im Bereich der Touristik ist geeignet, aber auch ausreichend, um der Beeinträchtigung der Firmenrechte der Klägerin entgegenzuwirken und ihr generalpräventives Ziel zu verwirklichen. Der Senat hat berücksichtigt, dass die Beklagte ausschließlich über das Internet ihre Kunden anspricht, während die Klägerin ihr Angebot auch über Reisebüros, Kataloge etc. vertreibt. Eine Veröffentlichung in der Fachpresse bietet die Möglichkeit, die Fachkreise als Multiplikatoren gegenüber dem Publikum einzusetzen, um die Marktverwirrung zu beseitigen. Eine Veröffentlichung in der Tagespresse kann demgegenüber solche nachhaltigen Wirkungen nicht erzielen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und die Schuldnerschutzanordnung folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die entscheidungserheblichen Fragen im Zusammenhang mit der Veröffentlichungsbefugnis gem. § 19c MarkenG noch nicht höchstrichterlich geklärt sind und sich in einer Vielzahl von Fällen stellen können.

 

Quelle ©: Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank

 

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Christian Welkenbach
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BGH legt EuGH Frage zur Auskunftspflicht von Bankinstituten über Kontodaten bei Markenfälschungen vor

adlerDer unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob ein Bankinstitut eine Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern darf, wenn über das Konto die Zahlung des Kaufpreises für ein gefälschtes Markenprodukt abgewickelt worden ist.

Die Klägerin ist Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von Davidoff-Parfüms. Im Januar 2011 bot ein Verkäufer auf der Internetplattform eBay ein Parfüm unter der Marke „Davidoff Hot Water“ an, bei dem es sich um eine Produktfälschung handelte. Als Konto, auf das die Zahlung des Kaufpreises erfolgen sollte, war bei eBay ein bei der beklagten Sparkasse geführtes Konto angegeben. Die Klägerin ersteigerte das Parfüm und zahlte den Kaufpreis auf das angegebene Konto. Nach Darstellung der Klägerin konnte sie nicht in Erfahrung bringen, wer Verkäufer des gefälschten Parfüms war. Sie hat deshalb die beklagte Sparkasse nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG* auf Auskunft über Namen und Anschrift des Inhabers des Kontos in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die beklagte Sparkasse sei aufgrund des Bankgeheimnisses zur Verweigerung der Auskunft berechtigt.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt der Vertrieb des gefälschten Parfüms eine offensichtliche Rechtsverletzung dar. Die beklagte Sparkasse hat durch die Führung des Girokontos, über das der Verkäufer den Zahlungsverkehr abgewickelt hat, auch eine für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht. Damit liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG an sich vor. Die beklagte Sparkasse braucht die begehrte Auskunft aber nicht zu erteilen, wenn sie nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO** zur Verweigerung des Zeugnisses im Prozess berechtigt ist. Da § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzt, muss das Recht zur Verweigerung der Auskunft durch die Richtlinie gedeckt sein. In Betracht kommt insoweit Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie, der den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Im Streitfall stellt sich die Frage, ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie unterfallen und – wenn dies der Fall sein sollte – ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben muss. Da die Frage die Auslegung von Unionsrecht betrifft, hat der Bundesgerichtshof sie dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Bundesgerichtshof hat in dem Vorlagebeschluss erkennen lassen, dass aus seiner Sicht das Interesse an einer effektiven Verfolgung einer Schutzrechtsverletzung den Vorrang vor dem Interesse der Bank haben sollte, die Identität des Kontoinhabers geheimzuhalten.

Beschluss vom 17. Oktober 2013 – I ZR 51/12

© Pressestelle des Bundesgerichtshofs (Quelle)

 

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