BGH entscheidet Streit der Familienunternehmen „Peek & Cloppenburg KG“ über bundesweite Werbung

adlerDer unter anderem für das Kennzeichenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in fünf Verfahren über die Frage entschieden, wie eine bundesweite Werbung von Unternehmen mit identischer Unternehmensbezeichnung gestaltet sein muss.

Die Parteien sind rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen, die seit Jahrzehnten unter der Bezeichnung „Peek & Cloppenburg KG“ zahlreiche Bekleidungshäuser im Bundesgebiet betreiben. Die Klägerin hat ihren Sitz in Hamburg und ist im norddeutschen Raum tätig. Die Beklagte, die ihren Sitz in Düsseldorf hat, betreibt Bekleidungshäuser im Westen, Süden und in der Mitte Deutschlands. In den Verfahren hat die Klägerin die Beklagte wegen bundesweiter Werbung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie hat sich darauf berufen, im norddeutschen Raum werde ihr aufgrund der gleichlautenden Unternehmensbezeichnungen die Werbung der Beklagten zugerechnet.

Das Berufungsgericht hat der Beklagten die beanstandete Werbung verboten. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidungen des Berufungsgerichts in den fünf Verfahren aufgehoben.

Zwischen den Parteien besteht aufgrund der seit Jahrzehnten unbeanstandet nebeneinander benutzten identischen Unternehmensbezeichnungen eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage, auf die die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen anwendbar sind. Diese Gleichgewichtslage hat die Beklagte durch die Ausdehnung ihrer Werbemaßnahmen auf den norddeutschen Raum gestört, in dem nur die Klägerin tätig ist. Da die Beklagte an einer Werbung in bundesweit vertriebenen Medien aber ein anzuerkennendes Interesse hat, kann ihr die Werbung nicht generell verboten werden. Die Beklagte muss vielmehr in der Werbung die Leser der Anzeigen in geeigneter Weise darüber aufklären, dass es zwei Gesellschaften mit der identischen Bezeichnung „Peek & Cloppenburg KG“ gibt und von welchem der beiden Unternehmen die Werbung stammt. Dies ist in den beanstandeten Anzeigen auch geschehen. Anders als das Oberlandesgericht hat der Bundesgerichtshof diese Hinweise als ausreichend erachtet. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass unter dem Firmennamen „Peek & Cloppenburg“ in etwas kleinerer Schrift der Zusatz „Düsseldorf“ und darunter ein dreizeiliger Text steht, der darüber aufklärt, dass es zwei unabhängige Unternehmen „Peek & Cloppenburg“ mit Sitzen in Düsseldorf und Hamburg gebe und dass es sich bei dieser Anzeige ausschließlich um eine Information des Düsseldorfer Unternehmens handele. Der Bundesgerichtshof hat es ausreichen lassen, dass dieser Hinweis dem Unternehmensnamen zugeordnet sei. Keinesfalls müsse der Zusatz in seiner Größe und Gestaltung der Werbebotschaft – etwa den dort abgebildeten Modellen – entsprechen. Der Bundesgerichtshof hat deshalb eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin durch die bundesweite Werbung der Beklagten und einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot verneint und insoweit die Klagen abgewiesen.

Die Klägerin hatte sich allerdings auch auf eine vertragliche Vereinbarung mit der Beklagten berufen, wonach die Parteien keine Werbung im Tätigkeitsbereich der jeweils anderen Partei betreiben dürfen. Der Bundesgerichtshof hat die Sache insoweit unter Hinweis auf die kartellrechtlichen Grenzen, denen solche Abgrenzungsvereinbarungen unterliegen, an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit die hierzu erforderlichen Feststellungen getroffen werden.

BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 – I ZR 58/11

LG Hamburg – Urteil vom 9. April 2009 – 327 O 533/08

OLG Hamburg – Urteil vom 17. März 2011 – 3 U 69/09

und

BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 – I ZR 59/11

LG Hamburg – Urteil vom 13. November 2008 – 327 O 265/08

OLG Hamburg – Urteil vom 17. März 2011 – 3 U 255/08

und

BGH, Urteil vom 24. Januar 2013  – I ZR 60/11

LG Hamburg – Urteil vom 29. Juli 2010 – 327 O 686/09

OLG Hamburg – Urteil vom 17. März 2011 – 3 U 142/10

und

BGH, Urteil vom 24. Januar 2013  – I ZR 61/11

LG Hamburg – Urteil vom 29. Juli 2010 – 327 O 676/09

OLG Hamburg – Urteil vom 17. März 2011 – 3 U 139/10

und

BGH, Urteil vom 24. Januar 2013  – I ZR 65/11

LG Hamburg – Urteil vom 29. Juli 2010 – 327 O 569/09

OLG Hamburg – Urteil vom 17. März 2011 – 3 U 140/10

Karlsruhe, den 24. Januar 2013

Quelle: (C) Pressestelle des Bundesgerichtshofs

OLG Hamburg: Kennzeichenrechtsverletzung in URL

Das Markenrecht bezweckt grundsätzlich den Schutz von Marken und geschäftlichen Bezeichnungen. Der Inhaber der Marke hat ein ausschließliches Recht über die Marke. Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers diese im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, vgl. § 14 MarkenG.  Im Falle einer Markenverletzung kann der Markeninhaber insbesondere Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz fordern. Entsprechendes gilt nach § 15 MarkenG, wenn geschäftliche Bezeichnungen wie Unternehmenskennzeichen oder Werktitel, d. h. solche Kennzeichen, die unabhängig von einer Eintragung im Markenregister bereits durch Benutzung entstanden sind, ohne Erlaubnis im geschäftlichen Verkehr benutzt werden. Wie das OLG Hamburg in einem Urteil von Anfang März (Beschluss vom 02.03.2010 – Az.: 5 W 17/10) entschied, stellt es eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens gem. §§ 5 Abs. 2, 15 MarkenG dar, wenn ein fremder Firmenname in dem URL Pfad und dem Title-Tag einer Webseite übernommen wird.

Konkret hatte der beklagte Betreiber einer Webseite im vorliegenden Fall nicht nur eine Abkürzung, sondern die vollständige Firmenbezeichnung des Klägers in den URL Pfad seines Weblogs sowie in den title-tag seiner Webseite eingebaut, obwohl inhaltlich kein Bezug zur fremden Firma gegeben war. Als das klagende Unternehmen davon Kenntnis erhielt, wertete es dies als namens- und kennzeichenrechtliche Verletzung und begehrte daraufhin im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens Unterlassung dieser Praxis. Das Oberlandesgericht Hamburg folgte dieser Ansicht in zweiter Instanz und gab der Antragstellerin Recht, da eine Kennzeichenverletzung vorlag.

Eine Verletzung des Namensrechts der Antragstellerin aus § 12 BGB konnte damit abgelehnt werden, da nach Rechtsprechung des BGH der namensrechtliche Anspruch gegenüber den kennzeichnungsrechtlichen Ansprüchen subsidiär ist, wenn durch die Benutzung eines Domainnamens oder einer URL ein Kennzeichen eines anderen im geschäftlichen Verkehr verletzt wird.

In der Nennung der Klägerin sowohl in der URL als auch im title-tag versuchte der Beklagte, eine höhere Auffindbarkeit bei den einschlägigen Suchmaschinen zu erzielen und ihr Ranking zu verbessern, um einen größeren Besucherstrom auf die eigene Webseite zu leiten. Mit Hilfe dieses Vorgehens werde das Ergebnis des Auswahlverfahrens der Suchmaschine durch Ausnutzung der kennzeichenrechtlichen Identifizierungsfunktion beeinflusst, so die Hamburger Richter. Vergleichbar sei dies mit den einst noch für die Suchmaschine relevanten Meta-Tags, als diese noch einen tatsächlichen Einfluss auf das Suchergebnis bei Google & Co. hatten. Wenn einst noch Meta-Tags eine Kennzeichenverletzung darstellen konnten, dann muss dies nun aber erst recht für eine Kennzeichenverletzung gelten, die in einer URL erfolgt, da diese für den Durchschnitts-Internetnutzer als Erstes ins Auge fällt.

Außerdem wurde durch die vollständige Übernahme der Firmenbezeichnung zuzüglich der Rechtsform der widerrechtliche Eindruck beim Betrachter erweckt, es handele sich um eine Seite des genannten Unternehmens. Der Beklagte habe daher vorliegend die Unternehmensbezeichnung in einer Weise genutzt, die geeignet war, Verwechslungen beim Verkehr hervorzurufen, da dieser gerade davon ausgeht, dass es sich bei der URL um eine Webseite der Klägerin handele. Dies kann nicht zuletzt deswegen angenommen werden, weil der überwiegende Teil der Nutzer die Funktion der URL im Browserfenster nicht kenne. Daher kann hier ohne Zweifel von einer Kennzeichenverletzung ausgegangen werden.

Fazit

Werden in einer Domain fremde Marken als Domain verwendet, nimmt die Rechtsprechung einhellig eine Markenrechtsverletzung an, wenn die Gefahr von Verwechslungen besteht. Im vorliegenden Fall wurde ein vollständiger Firmenname einschließlich seiner Rechtsform in einer kompletten URL benutzt. Dies wurde als Kennzeichenrechtsverletzung i.S.d.  §§ 5 Abs. 2, 15 MarkenG gesehen, nicht zuletzt, weil Suchmaschinen gerade auf die Internetadresse einer Webseite besonders sensibilisiert sind.

Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben oder an einer Beratung im Markenrecht interessiert sein, stehen wir Ihnen unter www.tcilaw.de jederzeit gerne zur Verfügung.

Christian Welkenbach
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt unter freundlicher Mitwirkung von Stud. iur. Sebastian Ehrhardt