Einführung von ein- und zweistelligen Domains – Rechtsstreit vorprogrammiert?

de domainDie DENIC eG, die zentrale Vergabestelle für .de-Domains in Deutschland, führt am morgigen Freitag, den 23. Oktober 2009 um Punkt 9 Uhr (MESZ) neue Domainrichtlinien ein. Ab diesem Zeitpunkt ist es jedem gestattet, sich ein- und zweistellige Domains nach dem Prinzip „First come – first served“ zu reservieren. Neben den neuen Buchstaben-Kurzdomains ist es möglich, sich reine Zifferndomains zu sichern. Außerdem wird es erstmals zulässig sein, sich .de Domains, die einem Kfz-Kennzeichen oder einer anderen Top Level Domain wie beispielsweise „com.de“ entsprechen, zu registrieren.

Vorausgegangen war dem Ganzen ein Urteil des OLG Frankfurt, in dem die DENIC verurteilt wurde, dem Automobilhersteller Volkswagen die Domain vw.de zuzuerkennen. Daraufhin hatte die .de-Vergabestelle eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH in Karlsruhe eingereicht – erfolglos, so dass die Entscheidung der Frankfurter Richter rechtskräftig wurde. Als Folge des Gerichtsurteils änderten sich die Richtlinien für die Vergabe von .de Domains.

Mit dem Aufkommen neuer Möglichkeiten für die Domaingestaltung wird es vor allem auch aus rechtlicher Sicht sehr spannend. Denn auch und gerade bei kurzen Begriffen müssen einige Besonderheiten beachtet werden: hinter diesen kurzen Zahlen- und Buchstabenkombinationen, aber auch hinter einzelnen Buchstaben oder Zahlen, stecken oftmals geschützte Namen und Marken (insbesondere Abkürzungen). Zu nahezu jedem Buchstaben des Alphabets gibt es eine entsprechende Marke, sei es eine Bildmarke. Man denke nur an das bekannte Serienzeichen „T-„ der Deutschen Telekom. Der Buchstabe „T“ ist zugunsten der Telekom als Bildmarke in den Klassen 38, 9, 16, 25, 28, 35, 36, 37, 39, 41, 42 eingetragen (DE 30087134). Einzelne Buchstaben sind nach dem Markengesetz (§ 3 Abs. 1 MarkenG) grundsätzlich markenfähig.

Die DENIC muss selbst nicht prüfen, ob Rechte Dritter verletzt werden (BGH, Urteil vom 17.5.2001 – Az.: I ZR 251/99 – ambiente.de) – nur der Kunde muss sich dahingehend absichern. Da er dies jedoch in aller Regel nicht tut und dem Windhundprinzip den Vorzug gewährt, um an die begehrte Kurzdomain zu gelangen, sind wohl Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert.

Neben eventuellen Auseinandersetzungen aufgrund älterer Markenrechte an einem Buchstaben oder einer Zahl bleibt außerdem spannend, ob vereinzelte Buchstaben evtl. auch als „geographische Herkunftsangaben“ im Sinne des § 1 MarkenG angesehen werden können. So könnte sich die Stadt Berlin beispielsweise ein Recht an „b.de“ anmaßen oder die Stadt Mainz die Domain „mz.de“ für sich beanspruchen – ob ein Gericht einem derartigen Verlangen nachkommt, bleibt abzuwarten.

Eine Verletzung von Markenrechten kommt insbesondere unter den §§ 14, 15 MarkenG in Betracht. Also gerade dann, wenn jemand ein ausschließliches Recht an einer Marke als deren Inhaber hat und die Bezeichnung eine gewisse Kennzeichnungskraft besitzt. Bestes Beispiel ist die bereits genannte Domain „vw.de“ – wäre diese bisher nicht vergeben, könnte Volkswagen gegen einen potentiellen Neuregistrator sein Recht an der Marke „vw“ nun gerichtlich durchsetzen. Bei den Zahlendomains gilt dies ganz genauso – so könnte beispielsweise die telegate AG ein besseres Recht an „11880.de“ haben, obwohl diese Domain zunächst anderweitig vergeben wurde.

Eine Verletzung des Markenrechts setzt jedoch stets ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus. Dieses ist bei der bloßen Registrierung der Domain in aller Regel (noch) nicht gegeben, da die Domain nach deren Konnektierung noch immer rein privat genutzt werden könnte. Ob ein Handeln im geschäftlichen Verkehr und darüber hinaus auch eine Verwechslungsgefahr gegeben ist, wird zumeist erst durch die Inhalte, die unterhalb der Domain abrufbar gemacht werden, erkennbar. Allein durch die Nutzung des Mediums Internet dürfte nicht automatische die Klasse 38 (Telekommunikation) betroffen sein.

Desweiteren kommt eine Verletzung von Namensrechten gem. §12 BGB oder Firmenrechten, §§ 17ff. HGB in Betracht. Das Namensrecht kann bereits durch die Registrierung verletzt werden (BGH – maxem.de). Bei den in Frage stehenden Kurzdomains ist insbesondere eine Verletzung von Künstlernamen, Namen von juristischen Personen oder Geschäftsbezeichnungen aller Art möglich. Ein Anspruch kann sich daraus ergeben, dass ein Unternehmen überragend bekannt ist und Internetnutzer einen bestimmten Internetauftritt erwarten (so bereits BGH, Urteil vom 22.11.2001 – Az.: I ZR 138/99 – shell.de). Das bekannteste Beispiel aus neuerer Zeit dürfte hier die Abmahnpraxis der VZ-Netzwerke sein, die ihr Recht an vz-Domains bereits mehrfach vor Gerichten durchsetzten.

Im Ergebnis stellt die bloße Registrierung zwar keine Kennzeichenrechtsverletzung dar (anders beim Namensrecht). Wenn man sich aber Domains ohne eigenes Nutzungsinteresse registriert, um diese im Anschluss an den Inhaber der Marke mit dem entsprechenden Buchstaben möglichst teuer zu verkaufen, läuft man Gefahr, wegen sittenwidrigen Domain-Grabbings wettbewerbsrechtlich i.S.d. § 1 UWG in Anspruch genommen zu werden. Außerdem kann dies eine sittenwidrige Behinderung i. S. d. §§ 826, 226 BGB darstellen. Bei der Reservierung von Domains ist also zumindest darauf zu achten, keine offensichtliche Markenverletzung zu begehen.

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Christian Welkenbach
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

 

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Dieser Beitrag wurde erstellt unter freundlicher Mitwirkung von Stud. iur. Sebastian Ehrhardt

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