Marke des Monats November 2016

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Alea iacta est – Zauberwürfel beim EuGH sind gefallen

Der weltbekannte Zauberwürfel wurde einst vom ungarischen Ingenieur Erno Rubik erfunden.

Im Jahr 1999 trug das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Marke für „dreidimensionale Puzzles“ ein, und zwar wie folgt:

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Dies geschah auf Antrag des britischen Unternehmens Seven Towns, das die geistigen Eigentumsrechte am Rubik`s Cube verwaltet.

Der deutsche Spielzeughersteller Simba Toys beantragte 2006 die Erklärung der Nichtigkeit der Marke beim EUIPO. Simba Toys führte als Begründung an, dass die in der Drehbarkeit bestehende technische Lösung nur durch ein Patent und nicht als Marke geschützt werden könne.

Das EUIPO wies den Antrag zurück, woraufhin Simba Toys beim EuG Klage erhob. Das EuG wies die Klage mit der Begründung ab, dass die technische Lösung den Schutz als Marke nicht verhindere (Urt. V. 25.11.2014 – T-450/09).

Aufgrund des dagegen eingelegten Rechtsmittels hob der EuGH am nun am 10.11.2016 (Az. C-30/15 P) das Urteil des EuG und die Entscheidung des EUIPO auf.

Laut EuGH hätten das EUIPO und das EuG auch nicht-funktionelle Elemente, etwa die Drehbarkeit, bei der Frage der Eintragung berücksichtigen müssen.

In der Begründung heißt es, dass die im vorliegenden Fall anzuwendende Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, 1) verhindern solle, dass einem Unternehmen durch das Markenrecht ,,ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware“ eingeräumt werde. Das EUIPO hat nun, unter Berücksichtigung der Feststellungen des EuGH, eine neue Entscheidung darüber zu treffen, ob die Form des Zauberwürfels als dreidimensionale Marke eingetragen werden kann.

Alles in allem ein guter Grund für den Titel zur Marke des Monats November. Herzlichen Glückwunsch, lieber Zauberwürfel (und er dreht sich doch).

Bildrechte: Von User: Booyabazooka, User:Meph666 modified by User: Niabot – Image: Rubik’s cube v2.svg, CC BY-SA 3.0 (https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4002868)

Vielen Dank an unsere Referendarin Sonja Stopka für ihre Mithilfe bei diesem Beitrag!

Sollten Sie Fragen zu dieser Entscheidung haben, stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Christian Welkenbach
Rechtsanwalt
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BPatG zur Löschung einer in unlauterer Behinderungsabsicht und damit bösgläubig angemeldeten Marke – BPatG, Beschluss vom 05.07.2016 – 24 W (pat) 10/14

bundespatentgericht_logoDas Bundespatentgericht hat in einem von uns betriebenen Löschungsverfahren mit Beschluss vom 05.07.2016 entschieden, dass die Marke „Yogilotus“ wegen Bösgläubigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) gelöscht wird. Der 24. Senat des BPatG ist letztlich zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Anmelder der Marke zum Zeitpunkt der Markenanmeldung von sachfremden Motiven hat leiten lassen und sich im Wege der Gesamtwürdigung der äußeren Umstände eine unlautere Behinderungsabsicht zu Ungunsten des Löschungsantragstellers erkennen lasse.

Zum Hintergrund der Entscheidung:

Unser Mandant befand sich in den Jahren 2010 und 2011 in einer laufenden wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung mit einem Mitbewerber im Bereich des Onlinevertriebs von Yogaartikeln. Es ging im Wesentlichen um diverse Verstöße gegen Marktverhaltensregelungen (§ 3a UWG). Eines Tages musste unser Mandant feststellen, dass der Mitbewerber offenbar dazu übergegangen war, einige Produktbezeichnungen unseres Mandanten als Marke anzumelden, zum Teil selbst und zum Teil über einen Dritten, der mutmaßlich als Strohmann fungieren sollte. Die Anmeldungen sollten offenbar das Ziel haben, unserem Mandanten die weitere Nutzung seiner Produktbezeichnungen, die zum Teil über Jahre hinweg verwendet wurden, untersagen zu können. Bereits nach Bekanntwerden der Anmeldungen haben wir das DPMA dann über den Umstand der Bösgläubigkeit informiert, zumal ja die absoluten Schutzhindernisse des § 8 MarkenG grundsätzlich schon während des Eintragungsverfahrens von Amts wegen geprüft werden müssen. Dennoch wurden einige der Sperrzeichen tatsächlich eingetragen, das DPMA wollte eine Diskussion über das Vorliegen des absoluten Schutzhindernisses der bösgläubigen Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG offenbar auf die Ebene des Löschungsverfahrens verlagern. So sahen wir uns gezwungen, die Eintragung abzuwarten und sodann für unseren Mandanten Löschungsanträge gegen die aus unserer Sicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingetragenen Marken beim DPMA einzulegen. Nach langwieriger interner Beratung und umfangreichen Schriftsätzen, mit denen die Bösgläubigkeit dargelegt wurde, befand das DPMA, dass die Marken, in erster Linie die Marke „Yogilotus“ wegen Bösgläubigkeit gelöscht werden muss. Zwischenzeitlich hatte unser Mandant eine eigene identische Marke angemeldet, gegen die der Mitbewerber aus seiner bösgläubig amgemeldeten Marke auch gleich Widerspruch eingelegt hatte. Entgegen der Regel wurden dem Inhaber der zu löschenden Marke auch die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt, weil dies in Fällen der Bösgläubigkeit regelmäßig der Billigkeit entspricht, so das DPMA.

Der Mitbewerber wollte die Entscheidung des DPMA jedoch nicht auf sich sitzen lassen und legte Beschwerde gegen den Beschluss des DPMA vom 15.10.2012 beim Bundespatentgericht ein. Dort wurde das Beschwerdeverfahren in der Folgezeit einige Jahre lang sagen wir einmal „verwaltet“, bis es im Februar 2016 endlich zur mündlichen Verhandlung vor dem 24. Senat in München kam. Dort zeigte sich relativ schnell, dass der Senat angesichts der geradezu erdrückenden Indizien im Ergebnis von einem bösgläubigen Verhalten des Mitbewerbers im Zusammenhang mit der Anmeldung der Marke „Yogilotus“ überzeugt werden konnte. Diskutiert wurden insbesondere die einzelnen Fallgruppen, die in der Rechtsprechung des BPatG, des BGH und des EuGH zur Bösgläubigkeit gebildet worden sind. Das BPatG hatte ausgeführt, dass der Anmelder einer Marke nicht schon deswegen bösgläubig handele, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Kennzeichen im Inland für gleiche Waren benutzt hat, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Etwas anderes könne jedoch dann gelten, wenn auf Seiten des Markeninhabers besondere Umstände vorliegen, die die Erwirkung des Zeichenschutzes als sittenwidrig oder rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen. Derartige Umstände könnten u. a. darin liegen, dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH, GRUR 2000, 1032, 1033EQUI 2000; GRUR 2008, 917 Rn. 20EROS; GRUR 2016, 380 Rn. 17GLÜCKSPILZ; zu Art. 51 Abs. 1 Buchst. b GMV vgl. EuGH, GRUR 2009,763 Rn. 53Lindt & Sprüngli/Hauswirth). Ein derartig zweckwidriger Einsatz der Marke als Mittel des Wettbewerbskampfes sei vorliegend angesichts der äußeren Umstände anzunehmen, so der Senat. Die Anmeldung der streitgegenständlichen Bezeichnung, deren Vorbenutzung durch unsere Mandantschaft in Bezug auf Yogakissen und -matten der Markeninhaber unstreitig kannte, stellte sich im Gesamtzusammenhang einer kontinuierlichen Verschärfung des zwischen den Beteiligten vor der Anmeldung der angegriffenen Marke entstandenen Konflikts lediglich als ein Teilakt eines Bündels von ab Juni 2010 vom Markeninhaber ergriffenen Maßnahmen mit dem einheitlichen Zweck, die Geschäftstätigkeit unserer Mandantschaft durch Identifikation von Angriffsflächen und Ausnutzung von Schwachpunkten systematisch zu behindern, dar.

Fazit:

Natürlich begrüßen wir die Entscheidung des BPatG, welches schlussendlich den Behinderungsabsichten des Markeninhabers einen Riegel vorgeschoben hat, wenn auch erst nach einem über 4 Jahre andauernden Verfahren vor dem DPMA und dem BPatG. Entgegen der sonstigen Grundregel, wonach jede Partei im Beschwerdeverfahren vor dem BPatG seine eigenen Kosten zu tragen hat, wurden dem Mitbewerber unserer Mandantin auch die Kosten des Verfahrens auferlegt, mit derselben Begründung, mit der zuvor bereits das DPMA eine Kostenentscheidung ausgesprochen hatte. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wurde nicht zugelassen, so dass die Entscheidung des BPatG nun auch rechtskräftig geworden ist.

Das Verfahren macht deutlich, dass es sich in der Regel letztlich auszahlt, wenn gerade im Markenrecht ein bestimmtes Ziel nachhaltig verfolgt und die sich bietenden Rechtsmittel auch ergreift. Hier ging es unserem Mandanten um die Beseitigung eines anhaltenden Störungszustandes durch ein Sperrkennzeichen, mit welchem der Mitbewerber drohte die eigenen Kennzeichnungen anzugreifen. Um den Tatbestand des absoluten Schutzhindernisses der Bösgläubigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zu begründen, bedarf es eines erheblichen Darlegungsaufwandes, da auf die innere Motivation des Anmelders eines Sperrzeichens ja schließlich nur auf Grundlage der äußeren Umstände geschlossen werden kann und im Ergebnis nahezu zweifelsfrei feststehen muss, dass die Motivation zur Anmeldung der jeweiligen Marke in erster Linie von unlauteren Absichten geprägt war. Hier zahlt sich auch die besondere Erfahrung eines spezialisierten Markenrechtsexperten aus, der von Anfang an die Sach- und Rechtslage richtig einschätzen kann.

Sollten Sie Fragen zu dieser Entscheidung haben, stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Christian Welkenbach
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Marke des Monats Oktober 2016

defaultjpgNach einer etwas längeren Durststrecke können wir endlich wieder eine Marke des Monats küren. Unsere Marke des Monats ist eine Bildmarke, und zwar der Haribo Goldbär.

Auch wenn eigentlich jedes Kind die berühmten Goldbären aus dem Hause Haribo kennt, mag es den Markenrechtler irgendwie verwundern, weshalb die bunten Gummibärchen in ihrer Grunderscheinung bislang noch nicht als eingetragene Bildmarke oder Design geschützt worden sind. In den Registern des DPMA und des EUIPO finden sich zwar diverse Fruchtgummi-Formen, insgesamt fast 1.000 Marken von Haribo, doch den klassischen Goldbären sucht man vergeblich, abgesehen von dem Goldbären, der auf der Verpackung zu finden ist, in verschiedenen Ausführungen:

bzw.

Erst im Februar 2015 hat man sich im Hause Haribo dazu entschieden, dieses Versäumnis auszubügeln und damit angefangen, die einzelnen Gummibären aus der beliebten Goldbärentüte als Bildmarke anzumelden:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

So wurde z. B. unsere Marke des Monats, der oben wiedergegebene Goldbär in gelb am 14.02.2015 als Bildmarke in den Klassen 25, 28 und 30 angemeldet, eine Eintragung steht bis heute aus, ebenso wie bei den weiteren Vertretern in den Farben Rot, Grün, Orange, Farblos etc., die am selben Tag angemeldet wurden. Ist das DPMA etwa der Auffassung, dass die Gummibären nicht hinreichend unterscheidungskräftig sind oder aus welchem Grund hat sich die Eintragung bis zum heutigen Tage verzögert? Wir wissen es nicht und werden es mit Spannung beobachten, ob die Bären letztlich eingetragen werden oder nicht. Vielleicht wird es hierzu eines Tages eine Entscheidung des BPatG geben.

Unterdessen hat der Haribo Goldbär und seine bunten Fruchtgummi-Genossen auch Rückendeckung durch die Justiz bekommen, wenn auch nicht in markenrechtlicher Hinsicht. Stein des Anstoßes für Haribo war ein Konkurrenzprodukt aus dem Hause Liebharts vitana premium, nämlich deren vegane Gummi-Bärchen ohne Gelatine:

Gummibärchen von Liebharts Vitana Premium

(Bildquelle: http://du-veraenderst-die-welt.de/blog)

 

Wegen der Ähnlichkeit der veganen Gummi-Bärchen hatte Haribo eine einstweilige Verfügung beim LG Köln beantragt und diese aus bekommen. Nachdem die Antragsgegnerin gegen die Beschlussverfügung Widerspruch eingelegt hatte, kam es zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Köln, welches die einstweilige Verfügung aber schlussendlich durch Urteil bestätigte (LG Köln, Urteil vom 23.08.2016, Az.: 33 O 82/16). Zwar konnte man sich seitens Haribo nicht auf eine eingetragene Marke stützen, wohl aber auf den Rettungsanker des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes wegen der wettbewerblichen Eigenart der bekannten Goldbären mit den prägenden Gestaltungselementen, die es abschließend wert sind aus Unterhaltungsgesichtspunkten aufzuzählen:

 

  • durch ovale Einkerbungen angedeutete Brusthaare.

 

Wir hoffen, dass Ihnen nun mit der Erkenntnis, dass die Gummibärchen von Haribo tatsächlich angedeutete Brusthaare haben, nicht der Appetit vergangen ist und gratulieren dem Goldbären zum Titel der Marke des Monats Oktober.

 

Wenn Sie Fragen zur Marke des Monats haben oder an einer Markenanmeldung interessiert sind, stehe ich Ihnen wie immer gerne zur Verfügung.

 

Christian Welkenbach
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LG Frankfurt am Main: Anrechnung der Geschäftsgebühr im Verfügungsverfahren

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Diese Entscheidung betrifft den gesamten gewerblichen Rechtsschutz, somit auch das Markenrecht. Wird z. B. wegen Markenverletzung außergerichtlich abgemahnt, so macht der Abmahnende in der Regel die Erstattung der Abmahnkosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus dem Streitwert der Hauptsache geltend, der im Markenrecht häufig bei 50.000 Euro liegt. Wenn sich der Abgemahnte auf die Abmahnung hin nicht per Unterlassungserklärung unterwirft, so werden die Ansprüche zumeist gerichtlich weiter verfolgt. Im Falle eines Hauptsacheverfahrens, d. h. eines herkömmlichen Klageverfahrens muss die außergerichtliche Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr zur Hälfte, maximal jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75 angerechnet werden; dies ergibt sich aus der Gebührenvorschrift gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 RVG VV. Voraussetzung der Anrechnung ist jedoch, dass es sich bei Abmahnung und Klage um denselben Gegenstand handelt. Dies kann im Fall eines sich der Abmahnung anschließenden einstweiligen Verfügungsverfahrens (statt eines Hauptsacheverfahrens) durchaus kontrovers beurteilt werden, da sich der Streitgegenstand im Falle eines Eilverfahrens im Wesentlichen auf die einstweilige Sicherung des Unterlassungsanspruchs beschränkt, der aber trotz einstweiliger Verfügung dennoch weiterhin der Verjährung unterliegt. Demgegenüber ist der Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens der materiell-rechtliche Anspruch selbst, ebenso wie im Falle der Abmahnung. Von daher wird teilweise mit guten Gründen vertreten, dass eine Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht zu erfolgen hat (LG Dortmund, Urteil vom 24.04.2014 – 13 O 69/13; BeckOK Streitwert/Lauro, Abmahnkosten Rn. 21-25; Schneider NJW 2009, 2017).

Anders das Landgericht Frankfurt in seiner (noch unveröffentlichten) Entscheidung vom 13.01.2016 (Az.: 2-06 O 386/15). Das Landgericht Frankfurt schließt sich damit der Rechtsauffassung des Kammergerichts Berlin (KG, Urteil vom 03.08.2012, Az.: 5 U 169/11) an und spricht sich im Ergebnis für eine Kürzung der erstattungsfähigen Abmahnkosten auf eine 0,65 Geschäftsgebühr aus, wenn zuvor bereits eine (volle) 1,3 Verfahrensgebühr in einem einstweiligen Verfügungsverfahren festgesetzt worden ist. Dies ergebe sich aus der Vorschrift des § 15a Abs. 2 RVG zugunsten des Beklagten. Im Ergebnis soll damit die Verfahrensgebühr aus dem Verfügungsverfahren in Höhe von 0,65 auf die erstattungsfähige 1,3 Geschäftsgebühr angerechnet werden, was im Hinblick auf die Gebührenvorschrift gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 RVG VV zunächst ein wenig systemwidrig anmutet, da üblicherweise die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird und nicht umgekehrt. Immerhin sei der Abzugsposten bestehend aus der 0,65 Verfahrensgebühr aber lediglich auf Basis des niedrigeren Streitwerts des Verfügungsverfahrens zu beziffern; im Streitfall, in dem es im Übrigen um die Kosten einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung wegen unzureichender Lebensmittelkennzeichnung ging, wurde somit von der eingeklagten 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 18.000 Euro eine 0,65 Verfahrensgebühr aus einem Verfügungsstreitwert von 12.000 Euro abgezogen. Kammergericht und Landgericht Frankfurt stellen sich aus pragmatischen Gründen auf den Standpunkt, dass mit der Abmahnung das Eilverfahren und nicht das Hauptsacheverfahren vorbereitet werde, was sicherlich auch diskutabel ist, aber offenbar auch vom BGH so gesehen wird (vgl. BGH WRP 2011, 894; BGH, Beschluss vom 02.10.2008, Az. I ZB 30/08). Insgesamt scheint die Einschätzung des LG Frankfurt eine überwiegende Ansicht widerzuspiegeln, so dass sich die Berater im gewerblichen Rechtsschutz darauf einstellen sollten.

Spannend wird die Frage zu beurteilen sein, wie die Anrechnung zu erfolgen hat, wenn sich der Abmahnung sowohl ein Eilverfahren als auch ein Hauptsacheverfahren anschließen sollte, z. B. wenn auf Beklagtenseite auf die Abmahnung keine Unterlassungserklärung und auf ein Abschlussschreiben nach einstweiliger Verfügung keine Abschlusserklärung abgegeben wird. Dann nämlich ist der Kläger gezwungen, den Unterlassungsanspruch zusätzlich im Hauptsacheverfahren einzuklagen, da dieser insbesondere im Wettbewerbsrecht bereits nach sechs Monaten verjährt. In diesem Fall fallen sowohl im Verfügungsverfahren als auch im Hauptsacheverfahren jeweils eine 1,3 Verfahrensgebühr an, so dass sich die Frage stellt, inwieweit aufgrund der außergerichtlichen Geschäftsgebühr nun eine Anrechnung stattzufinden hat, auf beide oder nur auf eine? Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchleuchten lassen, dass es in diesem Fall im Ergebnis wohl nur zu einer Anrechnung im Rahmen des früheren Verfahrens kommen könne, was in diesem Zusammenhang konsequent wäre, da es dann in jedem Fall zu einer Berücksichtigung der Wertung des § 15a RVG kommt.

Eine anonymisierte Veröffentlichung der Entscheidung des LG Frankfurt wird an dieser Stelle in Kürze erfolgen.

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