Die bösgläubige Markenanmeldung

BPatG, Beschluss vom 08.12.2010, 26 W (pat) 63/07

Marken werden durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) grundsätzlich eingetragen, wenn der Markenanmelder die Eintragung beantragt und die Anmeldegebühren rechtzeitig einbezahlt hat. Das Amt prüft jedoch während des Anmeldeverfahrens, ob der Eintragung der angemeldeten Marke ein absolutes Schutzhindernis entgegen steht. Relative Schutzhindernisse, also insbesondere bessere Rechte der Inhaber bereits bestehender Kennzeichen, werden hingegen nicht von Amts wegen geprüft. Eines dieser absoluten Schutzhindernisse, die in § 8 Abs. 2 MarkenG geregelt sind, ist die fehlende Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dies ist gleichzeitig das häufigste Schutzhindernis, das durch das Amt im Rahmen des Anmeldeverfahrens als Grund für die Nichteintragung angeführt wird. Eine hinreichende Unterscheidungskraft fehlt insbesondere bei glatt beschreibenden Angaben, die regelmäßig zurückgewiesen werden.

Ein weiteres absolutes Schutzhindernis, das während des Anmeldeverfahrens nur bei Vorliegen besonderer Erkenntnisse der Markenstelle geprüft werden kann, ist die bösgläubige Markenanmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist an die Stelle des früheren Löschungsgrundes des § 50 Abs. 1 Nr. 4 a. F. MarkenG getreten. Von der früheren Regelung unterscheidet sich § 8 Abs. 2 Nr. 10 nun dadurch, dass die Bösgläubigkeit bereits im Anmeldeverfahren zu berücksichtigen ist. Die nachträgliche Löschung ist jedoch nach § 50 Abs. 1 und 3 MarkenG weiterhin möglich.

Mit der Frage, wann Bösgläubigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vorliegt, hatte sich kürzlich das Bundespatentgericht (BPatG) zu befassen, nachdem das DPMA zuvor die Löschung einer Marke auf Antrag eines Antragstellers wegen Bösgläubigkeit beschlossen hatte und der Markenanmelder gegen die Entscheidung des DPMA Beschwerde beim BPatG eingelegt hatte. Das BPatG hat die Entscheidung des DPMA im Ergebnis gestützt und ebenfalls Bösgläubigkeit angenommen. Hierzu hat das BPatG folgendes festgestellt (BPatG, Beschluss vom 08.12.2010, 26 W [pat] 63/07):

„Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anmelder bösgläubig ist, sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens vorliegen, insbesondere die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder ähnliche Ware verwendet, ferner die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie ferner der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (EuGH GRUR 2009, 763 ff., 765, Nr. 38 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth). Wie sich dabei aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ ergibt, handelt es sich bei den vom Europäischen Gerichtshof genannten Faktoren um keine abschließende Aufzählung der Fallumstände, die in die rechtliche Prüfung und Würdigung einzubeziehen sind.

Ein bösgläubiger Markenerwerb kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes insbesondere darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen anmeldet mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren (BGH GRUR 1998, 1034 – Makalu; GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI 2000; GRUR 2008, 621, 623, Nr. 21 – AKADEMIKS). Darüber hinaus kann der Erwerb eines formalen Markenrechts, unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen inländischen Besitzstandes eines Dritten, aber auch dann bösgläubig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG sein, wenn sich die Anmeldung der Marke unter anderen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellt. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insoweit insbesondere darin gesehen werden, dass ein Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke verbundene – an sich unbedenkliche – Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH a. a. O. – Makalu; a. a. O – AKADEMIKS). Dabei ist die maßgebliche Grenze zur Bösgläubigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des Markenanmelders bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH GRUR 2005, 581, 582 – The Colour of Elégance). Daher wird die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht schon durch die Behauptung oder den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens ausgeschlossen. Vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, wobei sich im Einzelfall bereits die Markenanmeldung als erster Teilakt eines zweckwidrigen Einsatzes darstellen kann, sich ein markenrechtlich zweckfremder Einsatz aber auch erst aus der späteren Ausübung des Monopolrechts ergeben kann (BGH GRUR 2001, 242, 243 f. – Classe E; GRUR 2004, 510 ff. – S. 100; BPatG GRUR 2001, 744, 746 f.- S. 100).“

In dem Verfahren vor dem BPatG ging es konkret um die Anmeldung der Marke „Sachsendampf“, gegen die ein Unternehmen, dessen Gesellschaftszweck die Umsatzsteigerung der Tourismuswirtschaft in Sachsen sowie die Profilierung des Freistaates Sachsen als Reiseland war, vorgegangen ist. Im Jahre 2002 sei die Antragstellerin von den Mitgliedern des gleichnamigen und von ihr betreuten Netzwerkes beauftragt worden, die Bezeichnung „Sachsendampf“ als Marke anzumelden. Dabei habe sie feststellen müssen, dass ihr der Markeninhaber zuvorgekommen sei. Dieser habe vor der Einreichung seiner Markenanmeldung von sämtlichen Aktivitäten des Netzwerkes „Sachsendampf“ Kenntnis gehabt und die Markenanmeldung bösgläubig in der Absicht getätigt, die Antragstellerin und die übrigen Mitglieder des Netzwerks „Sachsendampf“ zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil zu behindern.

Die Tatsache, dass der Antragsgegner, d. h. der Markenanmelder, der die Bezeichnung „Sachsendampf“ seinerzeit selbst nicht nutzte, diese nicht einmal zwei Wochen nach einer Versammlung der Antragstellerin im Oktober 2002 selbst für Druckerzeugnisse und insbesondere auch für die Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“, das Kernangebot der Mitglieder der Antragstellerin, angemeldet hat, lasse nach Ansicht des BPatG erkennen, dass es ihm nicht nur an einer Förderung seiner eigenen Wettbewerbsposition, sondern zugleich auch daran gelegen war, die von der Antragstellerin und ihren Mitgliedern geplante Benutzung der Bezeichnung „Sachsendampf“ für diese zu sperren oder jedenfalls – was für die Feststellung einer Behinderungsabsicht bereits ausreicht (BGH a. a. O. – Classe E) – zu erschweren.

Steht fest, dass ein Mitbewerber in bösgläubiger Absicht ein Sperrzeichen angemeldet hat und dieses als Marke hat eintragen lassen, kann gegen die Markeneintragung zunächst ein Löschungsantrag beim DPMA gestellt werden. Dieses leitet den Löschungsantrag sodann an den Markeninhaber zur Stellungnahme weiter. Nimmt dieser zu dem Löschungsantrag innerhalb der Frist keine Stellung, so wird die Marke antragsgemäß gelöscht. Beantragt der Markeninhaber hingegen die Zurückweisung des Löschungsantrages, so entscheidet das DPMA nach dem wechselseitigen Vortrag über den Löschungsantrag durch Beschluss. Gegen den stattgebenden Beschluss des DPMA, mit dem die Löschung der Marke beschlossen wird, kann der Markeninhaber Beschwerde beim BPatG einreichen. Dieses entscheidet dann über die Löschung der Marke durch Beschluss.

Darüber hinaus kann gegen einen Mitbewerber, der ein Sperrzeichen hat eintragen lassen, das offensichtlich als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt wird, auch wettbewerbsrechtlich wegen gezielter Behinderung gemäß den §§ 3, 4 Nr. 10 UWG vorgegangen werden.

Schließlich kann im Falle eines Prozesses, in dem der Inhaber einer bösgläubig angemeldeten Marke gegen seinen Mitbewerber, der die Marke verwendet, vorgeht, der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit wegen bösgläubiger Markenanmeldung erhoben werden. In jedem Falle ist es ratsam, sich zuvor sorgfältig mit den von der Rechtsprechung aufgestellten Fallgruppen der bösgläubigen Markenanmeldung zu beschäftigen, um die Verteidigungsmöglichkeiten sondieren zu können.

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Christian Welkenbach
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

 

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